TISAX®-Erfolg: Automatisierung der Compliance für Automobilzulieferketten
In der vernetzten Automobilindustrie von heute ist Informationssicherheit zu einem zentralen Anliegen für Hersteller und ihre umfangreichen Lieferantennetzwerke geworden. Mit der zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung von Fahrzeugen hat der Datenfluss in den Automobilzulieferketten sowohl hinsichtlich des Volumens als auch der Sensibilität exponentiell zugenommen.
Der Trusted Information Security Assessment Exchange (TISAX®) ist die Antwort der Branche auf diese Herausforderung. Wenn dein Unternehmen Teil der Automobilzulieferkette ist, bist du wahrscheinlich bereits mit diesem Rahmenwerk vertraut, das die Herangehensweise der Branche an die Einhaltung von Informationssicherheitsstandards grundlegend verändert.
Die TISAX®-Landschaft verstehen
TISAX® wurde vom Verband der Automobilindustrie (VDA) ins Leben gerufen und wird von der ENX Association verwaltet. Es hat sich schnell zum De-facto-Standard für Informationssicherheit im europäischen Automobilsektor entwickelt, mit Auswirkungen auf Zulieferer weltweit.
„Was TISAX® besonders herausfordernd macht, ist seine kaskadierende Natur – es gilt nicht nur für direkte Zulieferer, sondern erstreckt sich oft drei oder vier Ebenen tief in die Lieferketten hinein“, erklärt Dr. Andreas Roth, Leiter Automotive Cybersecurity bei TÜV SÜD, in einem aktuellen Branchen-Webinar[^1].
Diese kaskadierende Anforderung stellt dein Automobilunternehmen vor einzigartige Herausforderungen hinsichtlich der Compliance, unabhängig davon, ob du als Tier-1-Zulieferer direkt mit OEMs zusammenarbeitest oder als Tier-3-Komponentenhersteller tätig bist. Das Verständnis des Rahmens ist der erste Schritt zu einer effektiven Umsetzung.
Die Ursprünge und der Zweck von TISAX®
TISAX® wurde speziell für die Automobilindustrie entwickelt, um die Bewertung der Informationssicherheit auf der Grundlage des VDA-Katalogs zur Bewertung der Informationssicherheit (ISA) zu standardisieren, der wiederum aus der Norm ISO 27001 abgeleitet ist.
Laut der ENX Association „wurde TISAX® eingeführt, um die gegenseitige Anerkennung von Bewertungen der Informationssicherheit in der Automobilindustrie zu erreichen, redundante Audits zu reduzieren und ein standardisiertes Sicherheitsniveau zu schaffen.“[^2]
Der Standard hat in der europäischen Automobilbranche große Verbreitung gefunden. Eine Studie von Forrester Research aus dem Jahr 2024 ergab, dass 83 % der Tier-1- und 68 % der Tier-2-Zulieferer in Europa die TISAX®-Zertifizierung erhalten haben, während sich die übrigen in der Regel noch in der Implementierungsphase befinden.[^3]
Wichtige Bewertungsstufen und -bereiche
TISAX® umfasst drei primäre Bewertungsstufen, die jeweils strengere Anforderungen stellen:
• AL1: Selbstbewertung (wird von OEMs selten akzeptiert)
• AL2: Bewertung mit hohen Schutzanforderungen
• AL3: Bewertung mit sehr hohen Schutzanforderungen (in der Regel für den Schutz von Prototypen erforderlich)
Das TISAX®-Framework umfasst drei Hauptbewertungsbereiche:
1. Informationssicherheit: Kernanforderungen basierend auf ISO 27001
2. Prototypenschutz: Spezifische Kontrollen zum Schutz von Prototypfahrzeugen und -komponenten
3. Datenschutz: Anforderungen an den Umgang mit personenbezogenen Daten gemäß DSGVO
„Die multidimensionale Natur von TISAX® macht die manuelle Verwaltung besonders schwierig“, stellt der Verband der Europäischen Automobilhersteller (ACEA) in seinen Cybersicherheitsrichtlinien für die Automobilindustrie fest.[^4]
Die Notwendigkeit der Automatisierung für TISAX®
Die Automatisierung deiner TISAX®-Compliance ist besonders angesichts der Komplexität des Standards und der begrenzten Ressourcen vieler Zulieferer überzeugend.
Die Herausforderung der manuellen TISAX®-Verwaltung
Eine Studie des Verbands der Automobilindustrie (VDA) hat mehrere kritische Herausforderungen für Automobilzulieferer identifiziert, die TISAX® manuell verwalten:
• Dokumentationsaufwand: Durchschnittlich mehr als 115 einzigartige Dokumente erforderlich
• Funktionsübergreifende Koordination: In der Regel sind 5–7 Abteilungen beteiligt
• Sammlung von Nachweisen: Für AL3-Bewertungen sind mehr als 180 Nachweise erforderlich[^5]
Eine Branchenumfrage von McKinsey aus dem Jahr 2024 ergab, dass mittelständische Zulieferer (250–1.000 Mitarbeiter) in der Regel folgende Aufwendungen haben:
• 900–1.400 Arbeitsstunden für die erstmalige Implementierung von TISAX®
• 50–70 Stunden pro Monat für Wartungsaktivitäten
• 200–280 Stunden für die Vorbereitung von Neubewertungen[^6]
„Für viele Zulieferer, insbesondere in den Stufen 2 und 3, sind diese Ressourcenanforderungen ohne technologische Unterstützung einfach nicht zu bewältigen“, lautet das Fazit des McKinsey-Berichts.
Vorteile der Automatisierung für TISAX®
Die Automatisierung bietet spezifische Vorteile, die die besonderen Herausforderungen deines TISAX®-Compliance-Programms bewältigen:
1. Erfassung und Verwaltung von Nachweisen
In den Lieferketten der Automobilindustrie fallen im täglichen Betrieb umfangreiche Compliance-Nachweise an. „Die Herausforderung besteht nicht darin, die Nachweise zu erstellen, sondern sie zu sammeln, zu organisieren und zu pflegen“, erklärte Dr. Sophie König, CISO bei einem großen europäischen Automobilzulieferer, kürzlich auf einer Branchenkonferenz.[^7]
Automatisierungsplattformen können deinem Unternehmen helfen:
• Direkte Verbindung zu Informationssystemen, um Nachweise automatisch zu sammeln
• Standardisierung der Nachweisformate, um die Akzeptanz durch die Prüfer sicherzustellen
• Nachweis-Historie zur Demonstration der kontinuierlichen Compliance aufzubewahren
Die von IDC durchgeführte „Automotive Security Benchmark Study“ aus dem Jahr 2024 ergab, dass die automatisierte Nachweiserfassung die Vorbereitungszeit für TISAX®-Bewertungen im Vergleich zu manuellen Methoden um 58 % reduzierte.[^8]
2. Funktionsübergreifendes Workflow-Management
Die Implementierung von TISAX® umfasst zahlreiche Abteilungen – IT, Technik, Personalwesen, Rechtsabteilung, Beschaffung und Produktion. Die Koordination der Aktivitäten zwischen diesen Funktionen kann erhebliche Ressourcen beanspruchen.
Automatisierungsplattformen begegnen dieser Herausforderung durch:
• Rollenbasierte Zuweisung von Verantwortlichkeiten
• Automatisierte Aufgabenverteilung und Erinnerungssysteme
• Zentralisierte Fortschrittsverfolgung und Berichterstellung
Eine Analyse von Gartner aus dem Jahr 2024 ergab, dass eine strukturierte Workflow-Automatisierung die Implementierungszeit für TISAX® um 30 % reduzierte und die Erstbewertungserfolgsquote um 25 % verbesserte.[^9]
3. Anforderungen an den Prototypenschutz
Bei AL3-Bewertungen gelten besonders strenge Anforderungen an den Prototypenschutz. In diesem Bereich ist nicht nur Sicherheitstechnologie erforderlich, sondern auch die lückenlose Rückverfolgbarkeit von Zugriff, Nutzung und Handhabung während des gesamten Entwicklungslebenszyklus.
Laut einer von Bosch veröffentlichten Fallstudie trug die automatisierte Überwachung des Prototypenschutzes dazu bei, Sicherheitsvorfälle um 65 % zu reduzieren und gleichzeitig den manuellen Aufwand für die Aufrechterhaltung der Compliance zu verringern.[^10]
Implementierungsansätze: Erfolge aus der Praxis
Mehrere Automobilzulieferer haben erfolgreiche Ansätze zur Automatisierung der TISAX®-Compliance vorgestellt, aus denen sich jeweils Lehren für dein Unternehmen ziehen lassen.
Von manueller zu automatisierter Compliance
Ein großer europäischer Tier-1-Zulieferer implementierte TISAX® zunächst hauptsächlich mit manuellen Prozessen, stellte jedoch nach Herausforderungen bei der Wartung und Neubewertung auf einen automatisierten Ansatz um.
Die Umstellungsstrategie umfasste:
1. Prozessanalyse: Detaillierte Dokumentation der bestehenden manuellen Prozesse
2. Strategische Automatisierung: Identifizierung aufwändiger, wiederholbarer Prozesse für die erste Automatisierung
3. Schrittweise Implementierung: Beginn mit der Erfassung von Nachweisen und schrittweise Erweiterung
Laut der veröffentlichten Fallstudie „konnten wir allein durch die Automatisierung der Nachweiserfassung und der Kontrolltests unseren Wartungsaufwand um 48 % reduzieren und die Qualität unserer Nachweise deutlich verbessern.“[^11]
Schutz von Prototypen durch Automatisierung
Ein mittelständischer Automobilzulieferer stand vor besonderen Herausforderungen hinsichtlich des Schutzes von Prototypen im Rahmen von TISAX® AL3.
Der Ansatz des Unternehmens konzentrierte sich auf:
1. Kontinuierliche Überwachung: Implementierung einer automatisierten Überwachung des Zugriffs auf und der Nutzung von Prototypdaten
2. Automatisierung des Zugriffsworkflows: Erstellung digitaler Prozesse für Prototyp-Zugriffsanfragen und -genehmigungen
3. Rückverfolgbarkeit: Implementierung einer umfassenden Protokollierung aller prototypbezogenen Aktivitäten
Laut den in ihrem Branchen-Whitepaper veröffentlichten Kennzahlen erzielte das Unternehmen Folgendes:
• 99 % Rückverfolgbarkeit aller Prototyp-Datenzugriffe
• Vollständige Dokumentation der Genehmigungsworkflows
• Deutliche Reduzierung der Ausnahmen von den Prototypschutzrichtlinien[^12]